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Schraubspindeln flexibel und schnell direkt an der Linie prüfen
Gottfried Kranz prüft mit der Messbank die Genauigkeit der Schrauber und Schraubspindeln direkt an der Montagelinie.
Takata steigert Qualität mit Atlas-Copco-Messbank
Schraubspindeln flexibel und schnell direkt an der Linie prüfen
Mit einer Messbank von Atlas Copco Tools überprüft der Automobilzulieferer Takata die dokumentationsfähigen Schraubsysteme, die in der Lenkradmontage eingesetzt werden. Die neue Technik ersetzt selbstentwickelte Schraubfallsimulatoren und reduziert die Prüfzeit um etwa drei Viertel. Das ist bedienerfreundlicher, steigert die Messqualität und liefert einen besseren Beleg für die Qualität der eigenen Fertigung.
Zusammengefalteter Fahrer-Airbag für ein Takata-Lenkrad. (Bild: Takata)
Essen, März 2017. "Bis vor zehn, fünfzehn Jahren musste man mit einem Lenkrad nur lenken und hupen können", sagt Joachim Hock, Fertigungsleiter der Takata AG in Aschaffenburg. Takata baut im Wesentlichen Airbags und Lenkräder für Automobile, hat sich aber auch mit Sicherheitsgurten und Kindersitzen einen Namen gemacht. "Inzwischen wird über das Lenkrad das Radio bedient, das Telefon, vielleicht die Gangschaltung. Wir müssen zahlreiche Funktionsschalter und Taster integrieren, was die Wertigkeit des Lenkrads immer weiter steigert." Es macht aber auch die Herstellung komplexer. "Die Lenkradtechnik wird dabei immer filigraner", ergänzt Gottfried Kranz. Er ist in den beiden Takata-Werken in Aschaffenburg für die elektronischen Kalibriersysteme verantwortlich. "Es werden immer mehr Funktionen integriert, wofür viele Komponenten verschraubt werden müssen. Und die Drehmomente im Endanzug der einzelnen Bauteile werden immer kleiner", hat er beobachtet. Dadurch würden auch die absoluten Toleranzen in der Schraubmontage immer geringer.
Gewünscht war hohe Genauigkeit
An der Montagelinie wechseln sich manuelle mit automatischen Stationen ab. (Bild: Atlas Copco Tools)
In einem unternehmenseigenen Leitfaden hat der Automobilzulieferer deshalb schon 2004 festgelegt, hohe Genauigkeiten anzustreben. Auch die Kunden fordern das. Doch um "Genauigkeit" zu erreichen, müsse man einen hohen Aufwand betreiben. Die Überlegungen führten Gottfried Kranz und Joachim Hock zu folgendem Ergebnis: Man benötigt einerseits Schraubsysteme mit möglichst wenig Streuung sowie andererseits ein Prüfsystem, das in seiner Genauigkeit den Laborbedingungen des Herstellers in nichts nachsteht. Um die Streuung aufseiten der Schraubtechnik einzugrenzen, werden die Lenkräder im Aschaffenburger Werk 1 zu über 80 % in automatischen Schraubstationen von eingebauten Elektrospindeln montiert; schließlich geht jede manuelle Bedienung - selbst bei nahezu perfekter Technik - zulasten der Genauigkeit. Eingesetzt werden ausschließlich computergesteuerte, mit Messwertgebern ausgestattete elektrische Schraubsysteme verschiedener Hersteller, die die Schraubergebnisse dokumentieren können.
Alle Verschraubungen am Lenkrad werden dokumentiert
In Lenkräder werden immer mehr Funktionen integriert, wofür viele Komponenten verschraubt werden müssen. Die Drehmomente im Endanzug der einzelnen Bauteile werden dadurch immer kleiner. (Bild: Takata)
"Das ist in vielen Fällen eine Forderung der Automobilindustrie", erklärt Joachim Hock. "Obwohl wir an den Lenkrädern keine Klasse-A-Verschraubungen haben, von denen Leib und Leben der Autofahrer abhängen, sichern wir die Schraubmontage komplett mit einer Dokumentation ab, also auch die B- und C-Verschraubungen." In die Kategorie A fallen laut VDI/VDE 2862 die sicherheitskritischen Verbindungen, Kategorie B sind die funktionskritischen. Schraubverbindungen der Kategorie C sind offiziell unkritisch. "Bei den Airbags haben wir A- und B-Verschraubungen", konkretisiert Hock. "Die Schraubergebnisse speichern wir langfristig für jedes einzelne Bauteil, jede Verschraubung, mit jedem Drehmomentwert im Endanzug." Bei den anderen Schraubprozessen am Lenkrad werde das ordnungsgemäße Resultat demgegenüber nur mit "i. O." und einer erzeugten ID-Nummer gespeichert.
An den Montagelinien wechseln sich manuelle und automatische Prozesse ab: Die Lenkräder, die nach dem Gießen des sogenannten "Skeletts" geschäumt und beledert werden, erhalten in der Endmontage ihr finales Aussehen. Airbaggehäuse, elektronische Einbauteile oder Bedienelemente werden mit Drehmomenten von etwa 0,14 bis 25 Newtonmeter (Nm) montiert. In der Regel wird der Schraubprozess über das Drehmoment gesteuert; dabei wird der Drehwinkel überwacht und der ordnungsgemäße Anzug zusätzlich über eine Tiefenkontrolle sichergestellt. "Wir haben aber auch einige komplexere Schraubvorgänge mit mehrstufigen Anziehverfahren", erläutert Gottfried Kranz.
Bis zu zwei Millionen Montageprozesse pro Schraubwerkzeug und Jahr
Jede Schraubspindel führt pro Jahr etwa eine bis zwei Millionen Verschraubungen durch. (Bild: Atlas Copco Tools)
Jedes Schraubwerkzeug muss pro Jahr ein bis zwei Millionen Schrauben oder Muttern anziehen. Um sicherzustellen, dass die Tools die hohen Genauigkeitsansprüche erfüllen, werden sie regelmäßig überprüft und gegebenenfalls neu justiert. "Lösbare Verbindungen kann man ja nicht überprüfen, ohne sie zu verändern", sagt Kranz. "Deshalb müssen wir eine Gegenmessmethode nutzen und dafür sorgen, dass die Werkzeuge möglichst genau arbeiten." Damit erfülle Takata unter anderem die eigenen Qualitätsansprüche gemäß ISO/TS 16949 und ISO 9001. Jahrelang wurden die Spindeln mit selbstgebauten Schraubfallsimulatoren überprüft und justiert. Viele unterschiedliche Simulatoren wurden gefertigt, um die Spannbreite der Schraubfälle abzudecken.
Doch jede Messtechnik hat ihre Tücken. Vom hohen Zeitaufwand über Unwägbarkeiten beim Einfluss durch den Bediener bis hin zu rein physikalischen Grenzen. "Wir waren uns einig, dass wir auch die Messunsicherheiten so weit wie möglich reduzieren wollten", betont Gottfried Kranz. "Wir brauchten daher ein genaueres System als das bis dahin verwendete." Es mussten alle Prüfmittel erfasst und die Prüfmittelfähigkeiten durch Messungen bestätigt werden. "Jedes Schraubsystem arbeitet bei uns im Schnitt mit ein bis drei Programmen", sagt der Messtechniker. "Und die Endkunden fordern, dass wir die Systeme auf jedes einzelne Programm hin prüfen. Das kostet enorm viel Zeit, denn während der 25 oder 50 statistischen Messungen außerhalb der Station fehlt die Spindel im Takt." Je Schraubspindel und Programm seien früher 25 bis 45 Minuten erforderlich gewesen; ein Werkzeug mit drei Schraubprogrammen habe also rund anderthalb Stunden in der Linie gefehlt.
Die automatischen Schraubstationen sind mit Spindeln verschiedener Hersteller ausgerüstet. (Bild: Atlas Copco Tools)
Hydraulische Messbank spart Zeit
Mit der schmalen Messbank von Atlas Copco kann Gottfried Kranz in dem engen Montage-Karree gut von Station zu Station navigieren. (Bild: Atlas Copco Tools)
Zeit gewonnen hat Takata schließlich mit einer hydraulischen Messbank des Typs BLM 3860 von Atlas Copco Tools: "Damit benötigen wir pro Spindel und Programm - samt Aus- und Wiedereinbau in die Station - nur fünf bis zehn Minuten." In rund zwei Stunden sind alle Schraubspindeln einer Linie gegengemessen. Die Bank ist mit zwei hydraulischen Messzellen ausgestattet, sogenannten "Bremsen", die Drehmomente bis 2 Nm und bis 10 Nm abdecken. Für seine Prüfgänge schiebt Gottfried Kranz die Messbank direkt an die jeweiligen Stationen, schließt sein Laptop an, auf dem die Atlas-Copco-Software QS-Loop installiert ist, und führt die Messungen durch. "In Werk 1 haben wir etwa 15 verschiedene Werkzeugtypen in Betrieb. Insgesamt sind 60 Schraubsysteme auf der Bank hinterlegt." Kranz lobt vor allem, wie streuungsarm die Messbank arbeitet. "Das ist für unsere Prüfmittel-Fähigkeitsnachweise im Rahmen der Messsystemanalysen sehr gut!" Denn wenn sich bei der Prüfung herausstellt, dass ein Werkzeug die vorgegebenen Toleranzen nicht mehr einhält, muss es neu eingestellt oder repariert werden. Dafür ist die sogenannte Maschinenfähigkeitsuntersuchung (MFU) erforderlich, die Takata ebenfalls mit der neuen Messbank erledigt.
Mit unseren selbstgebauten Schraubfallsimulatoren dauerte die Überprüfung je Schraubspindel und Programm früher 25 bis 45 Minuten. Mit der neuen Messbank von Atlas Copco sind es nur noch fünf bis zehn Minuten - und sie ist viel genauer!
Software denkt mit
"Ob ein Schrauber gegengemessen oder repariert werden muss, signalisiert die Software schon lange bevor die Schraubergebnisse außerhalb der zulässigen Toleranzen liegen", versichert Atlas Copcos Vertriebsingenieur Dirk Hallmann, der Takata in Fragen der Schraub- und Messtechnik berät. Die hohe Messgenauigkeit komme durch einteilige Drehmoment-Messwertgeber mit besonders niedriger Massenträgheit zustande, erklärt er: "Die Hydraulik-Messbremsen sind in der Lage, alle Arten von Schraubfällen realistisch zu simulieren, von sehr weichen bis zu harten Verbindungen." Außerdem lassen sich MFUs (zur Berechnung der Cm- und Cmk-Werte) in Anlehnung an die VDI 2645-2 schnell und einfach durchführen.
Die Investition wurde über mehrere Jahre geplant; zahllose Parametersätze mussten eingegeben werden: viele Absolutwerte und absolute Toleranzbereiche. Der Aufwand habe sich gelohnt, meint Kranz: "Und das nicht nur, weil die Kunden die hohe Genauigkeit fordern. Auch die eingesparte Zeit und die Dokumentation sind wichtige Pluspunkte." Die Bank sei sehr schmal konstruiert: "Das ist für uns sehr gut, weil mehrere unserer Montagelinien in engen Karrees angeordnet sind. Mit der Atlas-Copco-Bank kann ich gut zwischen den Stationen navigieren."
Mit den beiden hydraulischen Bremsen deckt Takata den Großteil aller Schraubfälle ab. Nur die Programme mit sehr kleinen Drehmomenten unter 0,4 Nm prüft Kranz zum Teil noch mit eigenen Simulatoren. Von Atlas Copco hat er noch ein Messgerät des Typs ACTA MT 4 im Einsatz, mit dem Schraubfälle mit kleinen Drehmomenten bis 0,2 Nm überprüft werden; plus ein Analysegerät des Typs STa 6000 mit einem Messwertgeber für 180 Nm.
Bediener nimmt nur geringen Einfluss
Gottfried Kranz prüft mit der Messbank die Genauigkeit der Schrauber und Schraubspindeln direkt an der Montagelinie. (Bild: Atlas Copco Tools)
Im Vergleich zu den früher eingesetzten Tellerfeder-Simulatoren sei der Einfluss des Bedieners bei den hydraulischen Messzellen der BLM-Messbank weitaus geringer, erläutert Gottfried Kranz; die Bremsen würden - mit etwas Erfahrung - eine deutlich höhere Versatzsicherheit aufweisen als andere Bänke." Auch bei Wiederholungsmessungen zeige sich eine sehr hohe Langzeitstabilität der Messtechnik.
"Die Bank deckt über längere Zeit auf, ob eine Schraubspindel einen ungünstigen Trend aufweist oder nicht." Wenn eine Spindel zu ungenau montiert, wird sie aufgrund der hohen Anforderungen aussortiert. Besonders beim Vergleich gleicher Schraubsysteme, die an gleichartigen Schraubfällen geprüft werden, könne man anhand der grafischen Darstellung der QS-Loop-Software Abweichungen einzelner Werkzeuge hervorragend erkennen, meint Kranz. "Auch wenn sich im Prozess etwas ändert, kann ich mit der Bank den Schrauber in wenigen Minuten prüfen und herausfinden, was passiert ist: ob es am Werkzeug liegt, an den Schrauben oder anderen Einflüssen." In der QS-Loop-Datenbank verwaltet Takata heute alle Schraubfälle und Werkzeuge und protokolliert die Messungen.
(Autor: Thomas Preuß)