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Hersteller von Gipskartonplatten spart mit zentraler Druckluftversorgung 35.000 Euro pro Jahr

Kompressorstation im Container minimiert Ausfälle

Mit einem neuen Druckluftkonzept hat EBP, ein Hersteller von Gipskartonplatten, die Stromkosten in seinem Werk in Lippendorf um jährlich 35.000 Euro gesenkt. Herzstück ist eine Containerstation mit vier effizienten Kompressoren aus der GA-Serie von Atlas Copco, die in ein zentrales Netz einspeisen. Dadurch ist die Betriebssicherheit deutlich gestiegen.

Die Etex Building Performance GmbH verarbeitet in ihrer Gipskartonplattenfertigung in Lippendorf bei Leipzig sogenannten Industriegips aus der Rauchgasentschwefelung des Braunkohlekraftwerks direkt nebenan. (Bild: Atlas Copco)

Die Etex Building Performance GmbH verarbeitet in ihrer Gipskartonplattenfertigung in Lippendorf bei Leipzig sogenannten Industriegips aus der Rauchgasentschwefelung des Braunkohlekraftwerks direkt nebenan. (Bild: Atlas Copco)

Essen/Lippendorf, Dezember 2019. Wie ein hellgraues Band bewegt sich der Gipskartonplattenstrang scheinbar endlos durch die fast 200 m lange Produktionshalle der Etex Building Performance GmbH (EBP) in Lippendorf bei Leipzig. Diese Strecke braucht der Gipsbrei, um fest zu werden und sich mit den beiden Kartonbahnen, die ihn umschließen, sicher zu verbinden. Es folgt der Zuschnitt auf das gewünschte Maß, bevor die Platten einen U-Turn machen, einen Trockner durchlaufen, geprüft, gestapelt und eingelagert werden.

„Unter der Marke Siniat stellen wir hier pro Jahr mehrere Millionen Quadratmeter Gipskartonplatten in unterschiedlichen Dicken und Breiten her“, quantifiziert Werkleiter Jörg Langrock die Produktionsleistung. „So entstehen täglich mehrere 10000 Quadratmeter im Schichtbetrieb.“ Die Rezeptur für die Gipsmasse variiert mit der angestrebten Qualität. So laufen in Lippendorf neben der Standardplatte auch Sonderausführungen für Feuchträume oder Brandschutzbereiche vom Band.

Verarbeitet wird Industriegips aus der Rauchgasentschwefelung des benachbarten Braunkohlekraftwerks Lippendorf. „Bei der Verbrennung von Braunkohle entstehen Schwefelverbindungen, die mittels Kalk gebunden werden“, erklärt Langrock. „Schwefel und Calcium reagieren zu Calciumsulfat, das Sie als Gips kennen. Dieser weist weniger Fremdbestandteile auf als der in der Natur vorkommende Gipsspat und lässt sich deshalb hervorragend verarbeiten. Aufgrund der Eigenschaften der hier verbrannten Kohle hat unser Gips zudem einen sehr hohen Weißheitsgrad.“ Das bringt den Lippendorfern den Vorteil, dass sie nicht nur Gipskartonplatten herstellen, sondern den Gips auch als Ausgangsprodukt für Spachtelmassen und ähnliches weiterverkaufen können. „Sowohl für den Verkauf als auch für die Nutzung in unserer Plattenproduktion muss der Rohgips aber zunächst gebrannt werden“, erläutert Langrock. „Bei dieser sogenannten Kalzinierung entsteht Stuckgips, der sich im Vergleich zum hydrophoben Ausgangsprodukt mit Wasser mischen lässt.“

Druckluft-Bedarfsspitzen müssen sofort bedient werden

Neben der Standardplatte hat die EBP auch Sonderausführungen beispielsweise für Feuchträume oder Brandschutzbereiche im Programm. (Bild: Atlas Copco)

Neben der Standardplatte hat die EBP auch Sonderausführungen beispielsweise für Feuchträume oder Brandschutzbereiche im Programm. (Bild: Atlas Copco)

Druckluft wird bereits für den Kalzinierungsprozess benötigt: Sie reinigt die Filter und steuert Ventile und Zylinder. Die Plattenanlage ist ein weiterer großer Abnehmer. Sie nutzt Druckluft für den Transport entlang der Bandstraße sowie zum Fördern der trockenen Additive, die dem Gipsbrei vor seiner Verarbeitung zugesetzt werden. „Wir haben sehr viele Druckluftspitzen, denn die Förderanlagen brauchen oft kurzfristig enorm viel Luft“, erklärt Gerd Braams, der bei EBP für die Bereiche Wartung und Inspektion zuständig ist. „Manchmal überlagern sich produktionsbedingt mehrere Spitzen. Die hohen Bedarfe müssen wir unverzüglich bedienen können, damit der Prozess nicht gestört wird oder zum Erliegen kommt.“ Seit der Gründung des Werkes im Jahr 2001 wurde die Produktion sukzessive ausgebaut. Parallel musste die Druckluftversorgung mitwachsen. Daraus entstand über die Jahre ein dezentrales, anlagenbezogenes Druckluftkonzept in Form von drei Insellösungen. „Jeder Kompressor hat nur einen bestimmten Anlagenteil versorgt“, erinnert sich Braams. „Das hatte den Nachteil, dass sich die Druckluftstationen bei Ausfällen einzelner Maschinen nicht gegenseitig unterstützen konnten.“ Letztlich sei das der Grund dafür gewesen, die Druckluftversorgung völlig neu zu planen. Auslöser war der Ausfall eines Kompressors. „Das war eine etwas größere Sache“, blickt David Schumann zurück. Er ist Vertriebsleiter bei der Wiewald GmbH, einem Vertragshändler von Atlas Copco, der sich bereits seit Werksgründung um die Druckluftanlagen in Lippendorf kümmert. „Unser Vorschlag war, das bestehende Druckluftkonzept genau zu prüfen und auf Verbesserungspotenziale abzuklopfen, anstatt einfach nur den defekten Kompressor zu reparieren.“
David Schumann, Vertriebsleiter der Wiewald GmbH: „Nach einer genauen Prüfung der bestehenden Druckluftversorgung haben wir empfohlen, alle Drucklufterzeuger zu zentralisieren und die Druckluft in ein gemeinsames Netz mit einem entsprechenden Leitungsquerschnitt einzuspeisen.“ (Bild: Atlas Copco)

Nach einer genauen Prüfung der bestehenden Druckluftversorgung haben wir empfohlen, alle Drucklufterzeuger zu zentralisieren und die Druckluft in ein gemeinsames Netz mit einem entsprechenden Leitungsquerschnitt einzuspeisen.

David Schumann , Vertriebsleiter der Wiewald GmbH

Wiewald habe sich dann die gesamte Druckluftversorgung angeschaut und auf Reserven überprüft, beschreibt Schumann die Vorgehensweise: „Die Verbrauchsmessungen ergaben, dass der maximale Volumenstrom zum damaligen Zeitpunkt bei 49,5 Kubikmetern pro Minute lag.“ Das habe insgesamt zwar ausgereicht, allerdings nur, wenn man die Insellösungen addierte. Probleme an einer Station hätten bereits den angebundenen Produktionsbereich eingeschränkt. „Am Ende der Prüfung haben wir empfohlen, alle Drucklufterzeuger zu zentralisieren und die Druckluft in ein gemeinsames Netz mit einem entsprechenden Leitungsquerschnitt einzuspeisen“, sagt Schumann.

Das Projektteam „Druckluft“ (von links): Ilja Koschew, David

Das Projektteam „Druckluft“ (von links): Ilja Koschew, David

Containerlösung für neue Druckluftstation

Ilja Koschew am Bedienfeld der Kompressorsteuerung mit David Schumann. (Bild: Atlas Copco)

Ilja Koschew am Bedienfeld der Kompressorsteuerung mit David Schumann. (Bild: Atlas Copco)

„Wir haben uns dann bewusst für einen Container entschieden, der außerhalb der Produktion steht“, erklärt Braams. „Denn in der Halle gab es keinen vernünftigen Platz – und wir hätten mit der Luft immer auch etwas Staub angesaugt, der in Verbindung mit Feuchtigkeit einen Kompressor schnell lahmlegen kann.“ Mit der neuen Station wurde außerdem das komplette Leitungsnetz saniert.

Heute versorgt eine Ringleitung die gesamte Produktion. Die Leitungsquerschnitte wurden von 1 bis 1,5 Zoll auf 2 bis 3 Zoll erhöht. „Für den Container haben wir ein maßgeschneidertes Konzept entwickelt“, berichtet Ilja Koschew, der als Meister Instandhaltung bei EBP an der Planung und Umsetzung der neuen Druckluftversorgung beteiligt war. „Das begann mit der Auswahl des Aufstellungsortes, dem Einsetzen der Türen und der Innenisolierung. Außerdem mussten wir festlegen, wie die Luft in den Container hineinkommt und wie wir die Wärme wieder herausholen.“ Darüber hinaus habe man sich im Vorfeld viele Gedanken über die Sensorik und Steuerung gemacht, um später im Betrieb nicht dauernd selber eingreifen zu müssen. „Die Zusammenarbeit mit Wiewald war tipptopp“, lobt Koschew. „Denn für beide Seiten galt: Der Container ist dann fertig, wenn er so läuft, wie wir es vorher geplant haben.“

Besonders stolz ist Koschew auf das Sicherheitskonzept, das er maßgeblich mitentwickelt hat. „Der Container ist so abgesichert, dass nicht unbedingt ein Elektriker vor Ort sein muss, um die Anlage freizuschalten“, erklärt der Elektrotechniker. „Wir haben einen Reparaturschalter an jedem Kompressor vorgesehen. Damit kann ich den Kompressor normal herunterfahren, danach freischalten und wieder anfahren. Alle Maschinen sind mit einem eigenen Personenschloss gesichert.“

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Neuer Kompressor mit effizientem Permanentmagnetmotor

Bei der Planung der neuen zentralen Druckluftversorgung entschied man sich für eine Containerlösung. Im Container sind vier öleingespritzte Schraubenkompressoren von Atlas Copco untergebracht. (Bild: Atlas Copco)

Bei der Planung der neuen zentralen Druckluftversorgung entschied man sich für eine Containerlösung. Im Container sind vier öleingespritzte Schraubenkompressoren von Atlas Copco untergebracht. (Bild: Atlas Copco)

Die neue Druckluftstation beherbergt vier öleingespritzte Schraubenkompressoren von Atlas Copco. Drei der Maschinen – ein GA 75 FF, ein GA 30 FF und ein drehzahlgeregelter GA 75 VSD FF – kommen aus dem Bestand. Ergänzt wird das Trio durch einen GA 75 VSD+ FF der neuesten Generation. Die innovativen Maschinen sind mit besonders energiesparenden Permanentmagnetmotoren ausgestattet und ermöglichen im Vergleich zu einer schlecht ausgelasteten Drucklufterzeugung mit Last-Leerlauf-Regelung Energieeinsparungen von bis zu 50 %. Im Vergleich zur Vorgängergeneration des Herstellers sind die Maschinen noch einmal um 9 % effizienter. Das Kürzel FF steht für die werkseitige Integration von Kältetrocknern in den Kompressoren. Die Druckluft wird damit bereits in den Maschinen weitgehend entfeuchtet, der Drucktaupunkt liegt dann bei 3 °C. „Damit stellen die Kompressoren schon von sich aus die Druckluftqualität bereit, die wir überwiegend benötigen“, erläutert Koschew. „Für einige wenige Anwendungen im Außenbereich haben wir zudem zwei dezentrale Adsorptionstrockner im Einsatz, die noch etwas mehr Feuchtigkeit aus der Druckluft herausholen und den Taupunkt weiter senken.“ Neben den vier Kompressoren im Container gibt es noch zwei GA 18+ FF aus dem Bestand, die in einem eigenen Raum untergebracht sind und ebenfalls ins gemeinsame Netz einspeisen. Die maximal verfügbare Druckluftmenge beträgt aktuell 62,4 m³/min bei einem Druck von 7,8 bar. Der durchschnittliche Bedarf liegt bei 35 m³/min.

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Die neue Druckluftstation im Container umfasst mehrere Bestandsmaschinen sowie einen neuen drehzahlgeregelten Schraubenkompressor GA 75 VSD+ FF von Atlas Copco. Das Kürzel FF steht für die werkseitige Integration eines Kältetrockners. (Bilder: Atlas Copco)

Die neue Druckluftstation im Container umfasst mehrere Bestandsmaschinen sowie einen neuen drehzahlgeregelten Schraubenkompressor GA 75 VSD+ FF von Atlas Copco. Das Kürzel FF steht für die werkseitige Integration eines Kältetrockners. (Bilder: Atlas Copco)

Effizientes Zusammenspiel der Kompressoren

Pro Jahr werden in Lippendorf mehrere Millionen Quadratmeter Gipskartonplatten in unterschiedlicher Dicke und Breite produziert. (Bilder: Atlas Copco)

Pro Jahr werden in Lippendorf mehrere Millionen Quadratmeter Gipskartonplatten in unterschiedlicher Dicke und Breite produziert. (Bilder: Atlas Copco)

Alle Kompressoren sowie die Aufbereitungstechnik und verschiedene Sensoren werden von einer Steuerung so dirigiert, dass sie reibungslos und möglichst effizient zusammenarbeiten. „Mit den verschiedenen Kompressoren können wir heute jeden Bedarf im Unternehmen abbilden“, hebt Koschew hervor. „Früher haben wir unnötig viel Druckluft produziert. Damals lag das Last-Leerlauf-Verhältnis bei 50 zu 50. Heute haben wir den Leerlaufanteil durch die drehzahlgeregelten Maschinen und die Steuerung auf ein Minimum gesenkt.“ Die bedarfsgerechte Erzeugung hat die Energiekosten für die Druckluft deutlich reduziert. „Wir sind davon ausgegangen, dass wir durch die neue Anlage 35.000 Euro pro Jahr einsparen. Das hat sich auch bewahrheitet“, bilanziert EBP-Werkleiter Jörg Langrock. „2016 hatten wir hier ungefähr 146.000 Euro an Energiekosten für die Druckluft bei einem Verbrauch von rund einer Million Kilowattstunden. Mit der Installation der neuen Anlage sind die Kosten 2017 auf rund 111.000 Euro gesunken.“ Durch weitere Optimierungen erwarte man künftig noch größere Einsparungen.
Jörg Langrock, Werkleiter in Lippendorf: „2016 hatten wir hier ungefähr 146.000 Euro an Energiekosten für die Druckluft. Mit der Installation der neuen Anlage sind die Kosten 2017 auf rund 111.000 Euro gesunken.“ (Bild: Atlas Copco)

2016 hatten wir hier ungefähr 146.000 Euro an Energiekosten für die Druckluft. Mit der Installation der neuen Anlage sind die Kosten 2017 auf rund 111.000 Euro gesunken.

Jörg Langrock , Werksleiter EBP in Lippendorf

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Steuerung macht Druckluftverbrauch transparent

Ilja Koschew, Meister Instandhaltung im EBP-Werk Lippendorf: „Die Zusammenarbeit mit Wiewald war tipptopp. Denn für beide Seiten galt: Der Container ist dann fertig, wenn er so läuft, wie wir es vorher geplant haben.“ (Bild: Atlas Copco)

Ilja Koschew, Meister Instandhaltung im EBP-Werk Lippendorf: „Die Zusammenarbeit mit Wiewald war tipptopp. Denn für beide Seiten galt: Der Container ist dann fertig, wenn er so läuft, wie wir es vorher geplant haben.“ (Bild: Atlas Copco)

Außerdem ist die Drucklufterzeugung aufgrund der Steuerung heute deutlich transparenter. „Früher waren die Kompressoren mehr oder weniger eine Blackbox“, erinnert sich Gerd Braams. „Heute sehen wir, welche Maschinen laufen, wie viel Druckluft sie produzieren und was sie verbrauchen. Über Störungen werden wir umgehend informiert und können häufig selber gegensteuern, da wir über sehr viel internen Sachverstand verfügen.“ Außerdem habe man einen angepassten Wartungsvertrag mit Wiewald abgeschlossen, der es ermögliche, Wartung und Service proaktiv zu handhaben. Unterstützt wird dieser durch den internetbasierten Datenüberwachungsservice Smartlink von Atlas Copco. „Smartlink gibt uns die Möglichkeit, Probleme auch telefonisch mit Wiewald zu regeln oder abzustimmen“, lobt Jörg Langrock. „Und zum Status der Betriebsstunden und der Servicefälligkeit werden wir monatlich automatisch per E-Mail informiert. Um die Wartung zu erleichtern, halten wir zudem für alle Maschinen Ersatzteil-Kits vor. Das ist eine sinnvolle Investition, denn sollte mal ad hoc Hilfe notwendig sein, haben wir das passende Teil direkt verfügbar.“ Das minimiere die Gefahr, dass eine mangelhafte Druckluftversorgung zu Produktionsausfällen führt. „In einer Matrix haben wir die Bedeutung aller Anlagenteile bewertet“, führt Langrock aus. „Was geschieht bei einem Ausfall, wie schwierig ist die Reparatur, welche Kosten entstehen? Und wie kann ich mich absichern, dass nichts passiert? Druckluft ist für uns ein wichtiges Medium. Die Versorgung haben wir mit dem neuen Konzept von vorher „dunkelgelb“ auf „grün“ gestellt, weil es überhaupt keine Probleme mehr gibt!“

Autorin: Stephanie Banse, Journalistin in Hamburg

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